Geringe Deutschkenntnisse sollen kein Hindernis sein

    Das Pilotprojekt «Engagiert und Integriert» hat zum Ziel, die Freiwilligenarbeit von Personen mit geringen Deutschkenntnissen in der Region Aarau zu ermöglichen. Die Fachstelle für Freiwilligenarbeit benevol Aargau, ruft sowohl regionale Vereine und Institutionen als auch interessierte Freiwillige dazu auf am Projekt teilzunehmen.

    (Bild: zVg) Das Küchenteam der Senevita Gais mit dem Freiwilligen Celik Osman (ganz links).

    Freiwilligenarbeit ist ein fester Bestandteil des alltäglichen Lebens vieler Menschen in der Schweiz. Rund ein Drittel der Bevölkerung engagiert sich freiwillig in einer Organisation. Studien vom Bundesamt für Statistik und dem Freiwilligen-Monitor zeigen, dass sich Nicht-Schweizerinnen deutlich weniger formell engagieren als Schweizer/innen. Laut einer Studie des Schweizerischen Roten Kreuzes besteht speziell bei Personen mit geringen Deutschkenntnissen ein grosses Potenzial. Jedoch ist es einerseits schwierig diese Gruppe zu erreichen, andererseits bestehen innerhalb von Organisationen Vorbehalte oder Vorurteile. Um diese Situation zu ändern, wurde das Pilotprojekt «Engagiert und Integriert» in der Region Aarau initiiert.

    Ungenutztes Potenzial
    Die Motivation von Migrant/innen ist ähnlich wie die der nicht-migrantischen Bevölkerung: Sie möchten etwas bewirken, ihre Fähigkeiten einsetzen und sich mit anderen Menschen austauschen. Dazu kommt der Wunsch, Sprachkenntnisse zu verbessern und mehr über das Aufnahmeland zu erfahren. Für neu oder erst kürzlich in der Schweiz angekommene Personen kann ein freiwilliges Engagement helfen, einen Platz in der Schweizer Gesellschaft zu finden. Als Neuzuzüger/in kann es jedoch schwierig sein von freiwilligen Engagements zu erfahren. Die Informationen über einen möglichen Einstieg sind nicht zugänglich, die nötigen Kontakte fehlen.

    Das Pilotprojekt «Engagiert und Integriert» hat zum Ziel, freiwillige Einsätze für Personen mit geringen Deutschkenntnissen in der Region Aarau niederschwelliger zu gestalten. Das Projekt ist im Juni 2022 gestartet und wird von der Fachstelle für Freiwilligenarbeit benevol Aargau geleitet. Getragen wird es von der Anlaufstelle Integration Aargau, Caritas Aargau, HEKS Aargau-Solothurn, der Regionalen Integrationsfachstelle Aarau, dem Schweizerischen Roten Kreuz Kanton Aargau und benevol Aargau. Es wird finanziert durch das Kantonale Integrationsprogramm KIP des Kantons Aargau. 20 Vereine und Organisationen haben bisher ihr Interesse an der Pilotprojekt-Teilnahme bekundet und wirken mit ihren wichtigen Rückmeldungen, Erfahrungen und Einsatzplätzen aktiv mit.

    Chance für die Integration
    Um die passenden Personen zu erreichen, sollten die Bedeutung von Sprachkenntnissen differenziert betrachtet und Aufgaben gefördert werden, die geringere Deutschkenntnisse erfordern. Weiter müssen Vorurteile abgebaut und die Kommunikation vereinfacht werden. Die Projektleiterin Ursula Hinden von benevol Aargau hat sich zum Ziel gesetzt, Dokumente zu schaffen, welche schnell Orientierung geben und die wichtigsten Fragen beantworten. «So müssen die Organisationen keine Angst vor massivem Mehraufwand haben und können schnell in die Umsetzung starten.»

    Bis heute konnten fünf Personen mit wenig Deutschkenntnissen einen freiwilligen Einsatz beginnen. Da die Aktivierung der Zielgruppe Anfang Juli gestartet ist, geht die Projektleitung davon aus, dass weitere Personen in den nächsten Monaten einen Einsatz beginnen werden. Mögliche Einsätze gibt es zum Beispiel im Kindertreff, als Spazierbegleitung älterer Menschen oder im Nähatelier. Das Projekt soll nun durch verschiedene Massnahmen an Bekanntheit gewinnen, damit sich noch mehr Vereine und Organisationen dazu bereit erklären, Freiwillige mit wenig Deutschkenntnissen einzusetzen.

    Für Organisationen lohnen sich offene Türen für Anderssprachige. Menschen aus anderen Kulturen bringen oft andere Sichtweisen ein, wodurch nicht nur ein erhöhtes kreatives Potenzial entsteht, sondern auch Lernmöglichkeiten. Ursula Hinden, Projektleiterin: «Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten, die in irgendeinem Umfeld wertvoll sein können. Den Fokus nur auf die Sprache zu setzen, empfinde ich als eine eingeschränkte Sichtweise. Denn jeder Mensch ist mehr als nur die Sprache, die er spricht! Wir können voneinander lernen und daran wachsen.»

    pd

    www.benevol-aargau.ch

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