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Matthias Betsche setzt sich als GLP-Grossrat des Kantons Aargau engagiert für eine nachhaltig und auf das Gemeinwohl ausgerichtete Politik ein. Der Geschäftsführer von Pro Natura Aargau möchte sich die nächsten vier Jahre im Aargauer Parlament für das Klima, die Kreislaufwirtschaft und die Chancengleichheit stark machen.
Sie kandidieren am 20. Oktober 2024 für eine weitere Amtsperiode im Grossen Rat Aargau. Welche Bilanz können Sie über die vergangenen vier Jahre ziehen, was haben Sie erreicht?
Matthias Betsche: Als Grossrat habe ich mich engagiert für eine nachhaltige Entwicklung des Kantons Aargau eingesetzt. Zum Beispiel mit Vorstössen zu Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz, Biodiversität, sozialer Chancengleichheit, Schulressourcen, nachhaltigem Tourismus, Veloverkehr, Schutz von Aabach und Hallwilersee, und vielem mehr. Sehr gefreut habe ich mich über die erfolgreiche Ausarbeitung des breit abgestützten Gegenvorschlags zur Gewässer-Initiative Kanton Aargau. Der Gegenvorschlag wurde soeben vom Grossen Rat einstimmig angenommen und verpflichtet den Kanton, bis 2060 1000 Hektaren Feuchtgebiete zu schaffen. Dies ist ein zukunftsweisendes Generationenprojekt des Wasserkantons Aargau. Wasser ist der Rohstoff der Zukunft!
Mit verschiedenen Vorstössen und Projekten zur Kreislaufwirtschaft konnte ich zudem dazu beitragen, dass das Konzept Kreislaufwirtschaft auch in der Aargauer Politik angekommen ist. Unsere Zukunft und unsere Wohlfahrt hängen stark davon ab, Wirtschaft und Umwelt zu Partnern zu machen. Eine intakte Natur und eine starke Wirtschaft sind Ziele, die gemeinsam zu erreichen sind – sind eine Chance für den Aargau.
Was bedeutet Ihnen Ihr Amt im Grossen Rat?
Mit meinem Engagement möchte ich dazu beitragen, dass wir in einer Welt leben, in der wirtschaftlicher Wohlstand für alle mit sozialem Zusammenhalt und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einhergeht – einer nachhaltigen Welt, die sich dem Gemeinwohl und der Generationengerechtigkeit im friedlichen Miteinander verpflichtet fühlt.
Wo setzen Sie als GLP-Grossrat die politischen Prioritäten?
Der Kanton Aargau muss beim Schutz von Klima und Biodiversität, bei der Stärkung der Kreislaufwirtschaft sowie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit der Förderung der Kinderbetreuungsangebote dringend vorwärtsmachen. Grossen Handlungsbedarf sehe ich auch beim Ausbau der Mittelschulstandorte mit der Kanti Lenzburg und beim Ausbau der Ressourcen an den Schulen und Sonderschulen sowie bezüglich einer fairen und umweltbewussten Wohnraumpolitik. Wir müssen die Umsetzung der kantonalen Velorouten vorantreiben und den öffentlichen Verkehr in unserer Region stärken. Ein Herzensanliegen ist der Erhalt unserer Natur und unseres Naherholungsgebiets Hallwilersee.
Als Geschäftsführer von Pro Natura Aargau setzten Sie sich für die Nachhaltigkeit sowie den Umweltschutz ein. Wo sind hier die dringendsten politischen Anliegen?
Die Zersiedelung und die Nutzungsintensität nimmt im Mittelland stetig zu. Auch im Kanton Aargau sind sehr viele Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Wir brauchen mehr Natur. Als Vater frage ich mich: welches Erbe hinterlassen wir hier unseren Kindern und Enkelkindern? In Sachen Nachhaltigkeit haben wir im Aargau also noch viel zu tun. Wir dürfen hier und heute nicht auf Kosten der Belastbarkeitsgrenzen der Ökosysteme und auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Der Begriff Nachhaltigkeit kommt ja ursprünglich aus der Forstwirtschaft: Wer nur so viele Bäume fällt, wie nachwachsen können, sorgt dafür, dass der Wald für die künftige Nutzung zur Verfügung steht und auf Dauer seinen Wert behält. Man kann auch sagen: Es ist nachhaltig, von den Zinsen zu leben, statt vom Kapital. Es ist nachhaltig, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, die Wirtschaft durch mehr Umweltschutz und innovative Technologien voranzubringen und dabei gleichzeitig Wohlstand und sozialen Fortschritt zu sichern.
Ein Steckenpferd von Ihnen ist die Chancengleichheit. Was erwarten respektive wünschen Sie sich diesbezüglich für unsere Gesellschaft?
Was für eine Gesellschaft wollen wir sein? Eine Gesellschaft, die beispielsweise Kinder mit Schwierigkeiten mitnimmt, oder eine Gesellschaft, die solche Kinder eher stärker absondert? Chancengleichheit ist zentral für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Beeinträchtigte Personen wollen nicht am Rande der Gesellschaft stehen, sondern in der Gesellschaft. Soziale und berufliche Inklusion ermöglicht beispielsweise Menschen mit Behinderungen die Teilhabe an der Gesellschaft. In schwierigen Zeiten braucht es solidarische Unterstützung und ein tragfähiges Sozialnetz.
Ich freue mich sehr, dass der Grosse Rat Aargau meinen Vorstoss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterstützt hat. Der Regierungsrat muss nun einen Bericht verfassen und aufzeigen, wie die kantonale Rechtslage geändert werden muss, damit sie im Einklang mit der UNO-Behindertenrechtskonvention steht.
Auch das Gemeindewohl liegt Ihnen sehr am Herzen. Wie setzten Sie sich im Aargauer Parlament dafür ein?
Im Grossen Rat habe ich beispielsweise das Thema des steigenden Wohnbedarfs für die alternde Bevölkerung aufgegriffen. Im Jahr 2025 wird gemäss diversen Prognosen voraussichtlich jede fünfte Person über 65 Jahre alt sein, im Jahr 2035 sogar jede vierte. Der Bedarf nach altersgerechtem Wohnraum steigt, auch im Kanton Aargau. Viele umzugswillige ältere Personen können sich aber den Umzug in eine altersgerechte Wohnung finanziell nicht leisten. Das Thema ist wichtig. Der Kanton Aargau schreibt in seinem Entwicklungsleitbild, dass er ein attraktiver Wohnkanton sein möchte. In der Bau-, Raumplanungs- und Sozialpolitik der letzten Jahrzehnte ist diese Entwicklung betreffend zunehmendem Wohnbedarf für die ältere Generation aber vergessen gegangen. Es besteht Handlungsbedarf.
Interview: Corinne Remund